MdB Viola von Cramon und Jürgen Trittin besuchten den Süd- und Oberharz
Viel ungenutztes Potenzial für die künftige regenerative Energieversorgung
Ein Bericht von Berd Jackisch
ST. ANDREASBERG (red.). Die 500 Kilometer lange „Oberharzer Wasserwirtschaft“ mit einst 149 erbauten und 107 davon erhaltenen Stauteichen, 18 Kilometer hölzernen Wasserrinnen (Gefluder) und 31 Kilometer unterirdischen Wasserläufen wurde im August dieses Jahres als eines der größten vorindustriellen Energieversorgungssysteme in Deutschland an 33. Position in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen und ist damit Teil des bereits seit 1992 bestehenden UNESCO-Weltkulturerbes Bergwerk Rammelsberg und der Altstadt von Goslar. Grund für MdB Viola von Cramon, gewählte Abgeordnete des Wahlkreises 53 Northeim/Osterode/Goslar von Bündnis 90/Die Grünen, zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden der Partei und früheren Bundesminister (1998-2005) für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin dem Süd-und Oberharz einen Besuch abzustatten. Nach der Besichtigung des Wiesenbeker Teiches, der Odertalsperre und einem Rundgang um den Oderteich (Deutschlands ältester Talsperre, erbaut 17 15 bis 1722), stand abschließend ein Besuch des Museumsbergwerkes Samson in St. Andreasberg, , auf dem Besuchsprogramm. Hier wurde von 1487 an in mehreren Perioden bis 1910 Silber gefördert.
Während Museumsleiter Jochen Klähn die Besucher durch den Gaipel des technischen Museums führte und dabei die einmalige Fahrkunst sowie die Technik des Kehr-und Kunstrades erklärte, begrüßte St. Andreasbergs Bürgermeister Hans-Günther Schärf die Bundestagsabgeordneten im Namen der Bergstadt. Wie er zudem bemerkte, wird auch heute noch Wasser des Oderteiches, welches durch den Rehberger Graben nach Sankt Andreasberg fließt, in sechs Wasserkraftwerken genutzt, zwei davon im Samsonschacht. Mehr als 90 Prozent des elektrischen Energiebedarfs der Nationalparkgemeinde werden so umweltfreundlich aus Wasserkraft gewonnen. Leider, so der Verwaltungschef der hoch verschuldeten Bergstadt, kommen die Einnahmen nicht der Kommune zugute, sondern der Harz-Energie, die fünf der Wasserkraftwerke betreibt. Das sechste Wasserkraftwerk versorgt die Firma Eckold mit Energie.
Die Oberharzer Wasserwirtschaft, so Viola von Cramon und Jürgen Trittin beim abschließenden Pressegespräch, mit ihren pfiffigen Lösungen beim Bau der Gräben, Talsperren und Teiche, Wasserräder, usw. zeige auch für die Zukunft die Chancen der Wasserkraft auf. So habe man auf der Tour unzählige ungenutzte Gelegenheiten gesehen, wo man bei steigendem Bedarf an erneuerbarer Energie, die Kraft des Wassers ohne große Probleme nutzen kann. Sowohl den Harzwasserwerken, wie auch den regionalen Versorger Harz Energie wird deshalb schon jetzt empfohlen, so die beiden Bundespolitiker, in weitere Wasserkraftwerke zu investieren.
Gerade in letzter Zeit, so Jürgen Trittin, hat es an der Leipziger Strompreisbörse mehrfach über viele Stunden einen negativen Strompreis gegeben, das heißt, die Abnehmer haben für die Abnahme von Strom noch Geld bekommen. Auch hat das Frauenhofer-Institut errechnet, dass anhand des Stromverbrauches des letzten Sommers, erneuerbare Energien, wie Biomasse-und Wasserkraftwerke sowie die Fotovoltaik den Strombedarf des Landes an vielen Tagen zu 100 Prozent gedeckt haben. Den zusätzlich erzeugten Strom der Windenergie hätte man problemlos zum Pumpen von Wasser in Speicherbecken nutzen können - da ja nachts die Fotovoltaik wegfällt, hätte man so zu dieser Zeit das gespeicherte Wasser zur Stromerzeugung in Turbinen zur Verfügung. Gerade der Harz mit seinen außerordentlich vielen Stollen alter Bergwerke bietet für die Wasserspeicherung durch überschüssige Windenergie ungeahnte Möglichkeiten, so Jürgen Trittin.
An diese Worte knüpfte auch der Göttinger Geologe Dr. Wilfried Ließmann an und überreichte an die beiden Bundestagsabgeordneten eine Projektskizze „Windenergiespeicherung durch Nachnutzung stillgelegter Bergwerke“, die das „Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN)“ der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld in Zusammenarbeit mit dem „Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)“ Clausthal-Zellerfeld erstellt hat. In der Studie, so Dr. Ließmann, wurden alte Bergwerke der Region für die Wasserspeicherung, unter anderem auf die Standsicherheit durchgescheckt. Dabei haben Wirtschaftsfachleute errechnet, dass schon relativ kleine Anlagen, für die es im Harz unzählige Möglichkeiten gäbe, effizienzvoll arbeiten können. Ein mögliches Bergwerk wäre, die bis 1992 betriebene rund 600 bis 700 Meter tiefe Blei-und Zinkgrube in Bad Grund. Hier, so Ließmann, müsste allerdings ein Oberbecken der Größe des Wiesenbeker Teiches gebaut werden, von dem bei Strombedarf das Wasser über Fallrohre auf Turbinen in der Tiefe fällt. Nur allein bei diesem Projekt, so ergänzte die Ingenieurgeologin und Energieberaterin Cornelia Grote-Wichoel aus Goslar, wäre eine jederzeit abrufbare Leistung von 100 Megawatt möglich. Derzeit, so die Expertin, stehen deutschlandweit 40 Gigawatt an Pumpspeicherkapazitäten zur Verfügung, nehme man nur die bisher ungenutzten Harzer Bergwerke als Speicherbecken ohne Oberbecken hinzu, kämen allein noch einmal 20 Gigawatt Leitung hinzu.
Bisher kaum beachtet, so Dr. Wilfried Ließmann, sei bisher auch die Geothermie der bis zu 1000 Meter tiefen Bergwerke, auch hier lohne sich das Nachdenken, um die zur Verfügung stehende Erdwärme zu nutzen.
Das Fazit nach diesem Besuch im Süd-und Oberharz der Bundestagsabgeordneten Viola von Cramon und Jürgen Trittin: Die alten Harzer Bergwerke, aber auch die vorhandenen Stauseen, Teiche und Flüsse könnten künftig einen wichtigen Beitrag zur regenerativen Energieversorgung leisten - diese Chancen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung sollte man nutzen, zumal es heute kein Problem mehr ist, Gewässerstaustufen durch Fischtreppen usw. naturgerecht zu umgehen.